Ulrich Hub, mit Illustrationen von Jörg Mühle Erschienen bei S. Fischer Juli 2017, erstmals erschienen 2007 im Sauerländer Verlag An der Arche um Acht
Plitsch! Genau mitten auf die Nase! So müsste es angefangen haben. Steht da zwar nirgendwo, aber anders kann es gar nicht angefangen – und zu einer gigantischen Katastrophe geführt – haben. Die Nase gehört zu einem Pinguin. Genauer: Plitsch, plitsch, plitsch! sind es deren drei, die a), weil sie an Feuchtigkeit gewöhnt sind, die Tropfen ohnehin nicht wahrgenommen hätten, und b) sowieso überhaupt nichts wahrnehmen, was um sie geschieht, weil sie sich permanent mit sich selbst beschäftigen. Am liebsten mit Streitereien mit viel Action; um sie herum nämlich sieht man nichts weiter als eine unendliche Schneelandschaft. Da muss man schon selbst dafür sorgen, dass richtig etwas los ist! Aber immerzu streiten ist auf die Dauer langweilig. „Wenn endlich einmal irgendetwas passieren würde!“ sinniert der kleinste von den dreien sehnsuchtsvoll. Es passiert auch umgehend etwas: Ein kleiner, gelber Schmetterling flattert um die Nasen des Trios. Das kann nicht gutgehen. Geht es auch nicht. Der Tropfen werden viele, sehr viele: Eine „richtige“ Sintflut bahnt sich an. Es wäre eigentlich alles ganz einfach, denn Pinguine können doch schwimmen, aber das fällt ihnen erst wieder ein, als die ganze wechselvolle Geschichte vorbei ist, und so wird es kompliziert. Wegen des Schmetterlings haben sich der kleine Pinguin und die beiden anderen erst einmal gründlich verkracht. Der Lütte rennt wutentbrannt davon, als die beiden Großen anfangen, über „Gottes Strafen“ zu sinnieren, weil er sich einfach auf das hübsch gelbe Lebewesen gesetzt hat, aus Versehen, aber eigentlich hatte er ihn sowieso platt machen wollen. Warum eigentlich? Rettung und Komplikationen kommen mit der wohlbekannten Taube, die im Auftrag Noahs die beiden (beiden?) Pinguine in die Arche beordert. Natürlich geht das ganz und gar nicht ohne den Lütten! Er wird aufgespürt, die heftige Diskussion, ob schon jemand jemals diesen strafenden Gott überhaupt gesehen hat, wird erstmal nicht fortgesetzt. Mit Phantasie und Tricks kommt das Trio regelwidrig auf die Arche, wo es beinahe zu spät ankommt und daher mit einem Platz ganz unten im Bauch des Gefährts vorlieb nehmen muss. Natürlich darf der Kleine nicht entdeckt werden. Sein Redebedürfnis – und überraschendes -talent! – und sein leichtfertig störrischer Wunsch nach Käsekuchen zur unpassenden Zeit lassen den Schwindel auffliegen. Zur Katastrophe kommt es jedoch nicht mehr, denn die Arche landet. Und urplötzlich entdeckt die Taube, dass sie ein ziemliches Problem hat. Die Pinguine aber sind gewitzt und findig. Das Problem wird gelöst und Noah bleibt somit alleine auf der Arche zurück. Einige Probleme aber bleiben ungelöst. War die Sintflut ein Fehler? Hat denn jemals jemand einen strafenden Gott überhaupt gesehen? Habe ich im Text etwa etwas völlig übersehen? Ich schlage vor, das Buch Kindern vorzulesen. Und wenn Sie an Passagen kommen, bei denen Sie kurz verstummen, das Buch sinken lassen, einen Augenblick in die Luft schauen und erst durch ein „Lies weiter!“ in die Gegenwart zurückgeholt werden, dann haben Sie vielleicht gerade ein Antwort gefunden, die Sie schon immer gesucht haben.
Edgar Fuhrken